Der Zirkus ist in der Stadt.
Doch nicht irgendeiner, der "Robot Carnival" ist es und seine Ankunft sorgt für Panik. Denn was da drohend herangerattert kommt ist eine riesige Kampffestung. Mit schmetternder Musik und einem riesigen Feuerwerk feiert sie selbst ihr erscheinen und legt dabei die ganze Stadt in Schutt und Asche. Was nicht von ihren gewaltigen Ketten überrollt wird, wird Opfer des Feuerwerks.
Doch werfen wir einen Blick auf sein Programm. Sieben Nummern hat er im Gepäck, von sieben verschiedenen Regisseuren. Dazu kommen noch die zwei, die für In- und Outro verantwortlich sind, also insgesamt neun. Das Leitmotiv für die Geschichten bildete das Thema Roboter oder diverses anderes künstlich-mechanisches Leben.
"Franken's Gears"
Ein Wissenschaftler versucht in seinem Frankenstein-like Labor einen Roboter zum Leben zu erwecken. Dies gelingt ihm nach einigen Anstrengungen auch, doch dann läuft alles schief und das Experiment nimmt einen tragischen Ausgang.
"Deprive"
Ein Planet wird von einer Roboterstreitmacht überfallen. Der Anführer der feindlichen Truppen entführt ein junges Mädchen, worauf deren Freund, selbst ein Roboter, ihr zur Hilfe eilt.
"Presence"
Ein Mann ist mit seiner Beziehung nicht mehr zufrieden. Seine Frau kümmert sich nur um ihre Karriere und in der Familie herrscht ein ziemlich unterkühltes Klima. Er sehnt sich nach einer feminineren und gefühlvolleren Partnerin und baut sich deshalb eine weibliche Androidin. Doch etwas geht schief und sie beginnt plötzlich von selbst Gefühle zu entwickeln. Aus Angst zerstört der Mann seine Schöpfung, worunter er fortan den Rest seines Lebens leidet.
"Starlight Angel"
Zwei junge Mädchen verleben einen glücklichen Tag in einem Vergnügungspark. Als die eine der anderen am Abend ihren neuen Freund vorstellen will, erkennt diese darin ihren Exfreund wieder, und läuft weinend davon. Dabei verliert sie ein Medaillon. Einer der "Unterhaltungsroboter" des Parks hebt es auf und will es ihr zurückgeben. Dabei erleben die beiden eine abenteuerliche Reise durch eine der Parkatraktionen.
"Clouds"
Ein kleiner roboterjunge wandert allein durch die Gegend.
"A Tale of Two Robots"
Eine Stadt wird von einem riesigen Mecha angegriffen, der von einem verrückten amerikanischen Wissenschaftler gesteuert wird. Doch auch die Stadt hat einen Mecha. Seine Technik ist zwar nicht so ausgereift und er wird noch mit Dampf statt Elektrizität betrieben, aber dafür hat er eine engagierte Mannschaft, die den Kampf gegen das feindliche Ungetüm aufnehmen.
"Nightmare"
Ein gigantischer Roboter taucht über einer Stadt auf. Aus seinen Händen fahren Blitze in den Boden und wo sie auftreffen fahren Kabel, Leitungen, Rohre aus dem Boden und formen seltsame Gebilde. Zu dem fliegt eine Art Robot-Hexer durch die Häuserschluchten und erschafft überall Roboter aus technischen Anlagen, Fahrzeugen, etc..
Währenddessen erwacht in einer Seitengasse ein Trunkenbold aus seinem Rausch und findet sich plötzlich inmitten einer Roboterhölle wieder. Auf seinem alten Roller versucht er dem Inferno zu entkommen.
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Mitte-Ende der 80ziger Jahre gab es eine ganze Welle von experimentellen und andersartigen Animefilmen bedeutender Szenegrößen. Manie Manie, Take the X Train, Twilight Q und Broken Down Film sind nur einige der vielen Kandidaten.
Oftmals waren diese auch Gemeinschaftsproduktionen, und genau so verhält es sich mit "Robot Carnival". Neun verschieden Regisseure haben an dieser Kurzfilmsammlung mitgewirkt. Entstanden sind 7 einzelne Filme, die von einem Vor und Abspann eingefasst werden. Für diesen zeichnen Atsuko Fukushima und Katsuhiro Otomo ( Akira, Steamboy) verantwortlich. Wir treffen hier auch schon auf 2 Leitmotive die für Otomos Arbeiten charakteristisch sind, die riesige Maschine und die enorme Zerstörung. Beides sollte besonders in "Steamboy" wieder stark zum Einsatz kommen. Aber schon hier konnte man deutlich Otomos Freude an großen Zerstörungsorgien sehen. Wie dabei die eigentlich positiven und feierlichen Elemente wie Zirkus, Feuerwerk, Ballerinas, etc. zu schrecklichen Waffen werden ist schon ziemlich bizarr. Der tödliche Frohsinn überrollt die hilflosen Menschen, sozusagen. Das alles natürlich sehr schön gezeichnet und animiert, wie man es von Otomo nicht anders gewohnt ist.
Aber auch die übrigen Geschichten haben es in sich. Mit Abstand am besten gefallen hat mir dabei allerdings "Presence" von Yasuomi Umetsu ( Kite, Mezzo, Mezzo Forte), der hier ganz anders als in seinen späteren Werken eine sehr ruhige und melancholische Geschichte hinlegte. Ein Mann der sich seine perfekte Frau baut und dann Angst bekommt als diese lebendig wird und sie deshalb zerstört, worunter er wiederum den Rest seines Lebens leidet. Eine tragische Geschichte, die hier sehr schön erzählt wird. Auch das spielen mit Symbolen hat mir hier besonders gefallen. Dazu kommt das dies auch optisch eine der besten Episoden ist. Sowohl die Zeichnungen und Designs, als auch vor allem die Animationen sind sehr gut und für die damalige Zeit wirklich beeindruckend.
An zweiter Stelle kommt dann gleich "Nightmare" von Takashi Nakamura, der hier einen visuell überwältigenden Alptraum kreiert, einen Ausflug in die Techno-Hölle mit kleinen, ums Feuer tanzenden, Blechkameraden statt Teufelchen. Besonders die bizarren Designs der Maschinenwesen sind es, die diesen Kurzfilm so wirkungsvoll machen. Aber auch der Rest kann sich sehen lassen. Die Animationen sind durchweg von sehr guter Qualität, einzig das Design des einzigen menschlichen Charakters gefällt mir nicht so. Aber das ist angesichts des überzeugenden Rests leicht zu verschmerzen. Besonders gefallen hat mir an diesem Film auch noch die Musik. Wie die meisten der Filme hat er keine Dialoge, was natürlich besondere Anforderungen an die musikalische Untermalung stellt und die ist echt toll und sehr schön auf die Bilder abgestimmt. Wenn der Trunkenbold z.B. grad eine rasante Kehrtwende auf seinem Roller hinlegt, so wird das auch sofort musikalisch umgesetzt.
In "A Tale of Two Robots" hingegen geht es optisch recht klar zur Sache. Dafür liefert die Story hier einiges an Interpretationspotential. Der böse Amerikaner, der mit seiner überlegenen Technik am Ende doch gegen die mutigen, entschlossenen und erfinderischen Japaner mit ihrem Dampfmecha unterliegt. Was will Hiroyuki Kitakubo ( Golden Boy, Blood - The Last Vampire) uns damit wohl sagen? Zwar ruft die weibliche Stimme der Vernunft zwischendrin auch mal dazu auf doch die Kämpfe einzustellen, bevor die ganze Stadt vernichtet sei, aber auch das wird vom tapferen japanischen Anführer nicht ernst genommen. Ich weiß nicht, irgendwie sagt mir die Message dieser Geschichte nicht so zu.
Was die Zeichnungen und Designs angeht gibt es hingegen nichts zu meckern. Der Amerikaner ist zwar etwas sehr überzeichnet, aber das passt andererseits auch nur zum allgemeinen Tenor des Films. Auch die Animationen sind durchweg OK, können sich aber nicht mit den beiden vorhergehenden Filmen messen.
Da sagt mir "Franken's Gears" von Koji Morimoto ( Tobira o Akete, Noiseman Sound Insect, Memories) schon wieder mehr zu. Zwar gibs hier nicht wirklich viel Story, da der Film hauptsächlich Wert auf die Optik und den tollen Belebungsprozess des Roboters legt, aber dafür ist das um so ansehnlicher (doch dazu noch mehr), und auch die Pointe der Geschichte gefällt mir. Die wirkliche Stärke liegt aber wie schon gesagt in der Optik. Im Labor des genialen Wissenschaftlers ist wirklich überall was los. Rohre wackeln, Leitungen zittern, Räder drehen sich, es dampft, es blitzt, es flackert. Hier hat man wirklich einiges aufgefahren. Wenn man das Alter des Films bedenkt wirklich erstaunlich. Dabei sind die Animationen (grade bei den Blitzen z.B.) meist gar nicht all zu kompliziert, aber halt wirkungsvoll. Der Film dürfte damals für einiges Aufsehen gesorgt haben.
"Starlight Angel" von Hiroyuki Kitazume (Moldiver) und besonders "Deprive" von Hidetoshi Omori können mich hingegen nicht wirklich überzeugen. Ersterer hat zwar wenigsten noch eine ganz nette Lovestory mit schönem versöhnlichem Ende, aber "Deprive" ist wirklich einfach sinnlos. Ein kurzer Klopper-Actioner der nicht wirklich etwas zu bieten hat.
Auch optisch geht es in "Deprive" nicht gerade hoch her. Zwar ist der Film auch weit davon entfernt auf diesem Gebiet schlecht zu sein, aber im direkten Vergleich mit den anderen Filmen ist er doch nicht wirklich sonderlich bemerkenswert. Grade Explosionen und Lasergeballere sieht eher mittelmäßig aus, auch für die damalige Zeit. Das mehr geht zeigen die anderen Filme dieser Sammlung ja deutlich.
Anders hingegen der "Starlight Angel", auch wenn auch der sich nicht mir den anderen Filmen messen kann. Dafür gefallen mir hier die Designs recht gut.
Und zu guter letzt wäre dann noch "Clouds" von Mao Lamdo, der experimentellste Film der sieben. Eine Story gibt es hier überhaupt nicht, nur den kleinen Roboterjungen der vor immer neuen Sky-Backgrounds umherstapft, die immer neue Formen annehmen. Die Zeichnungen sind dabei meist sehr skizzenhaft und die Animationen sehr grob aus sehr wenigen Bildern. Das gibt dem ganzen einen gewissen Daumenkinolook. Sehr gut funktioniert hier auch wieder das Zusammenspiel von Musik und Bildern.
"Robot Carnival" ist eine wirklich sehr interessante Kurzfilmzusammenstellung. Nicht alle Filme sind von gleich hoher Qualität, aber selbst die die mir am wenigsten gefallen sind, für die damalige Zeit, nicht wirklich schlecht. Sehenswert ist es aber allein wegen "Presence", "Nightmare" und dem Opening und Ending. Für alle Fans eher experimenteller Animes und besonders für die dieser Mitte-Ende-80er Jahre Welle ist der Film aber garantiert die richtige Wahl.
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