Als er bei einer seiner Touren mit der städtischen Müllabfuhr ein kaputtes Surfbrett an einem der Sammelplätze findet, beschließt der taub-stumme Shigeru kurzerhand es mitzunehmen und zu reparieren.
Er will Surfer werden, und schon am nächsten Tag macht er sich auf zum nahe gelegenen Strand um sich in die Wellen zu stürzen.
Unterstützt von seiner ebenfalls stummen Freundin wird er dank vielem harten Trainings auch bald besser und kommt in Kontakt zu anderen Surfern, über die er sogar die Chance erhält an Wettbewerben teilzunehmen.
Doch beginnt er über seine neue Leidenschaft auch seinen Job und seine Freundin etwas zu vernachlässigen, was ihm bald einigen Ärger einbringt.
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Mit "Das Meer war ruhig" realisierte Takeshi Kitano seinen dritten Spielfilm und den ersten der nicht in einem Yakuza-Milieu spielt, ein Thema das seine frühen Filme fast durchgängig bestimmte.
Stattdessen erzählt er eine Mischung aus Sport- und Liebesgeschichte, eine Genreverbindung die vor allem im amerikanischen, aber durch aus auch im japanischen Film keine Seltenheit ist und bei der einem eigentlich schnell ein großer Batzen an gängigen Klischees einfällt die derartige Produktionen für gewöhnlich gern bedienen.
Doch keine Panik, was Kitano hier hinlegt hat wenig Ähnlichkeit mit Highschool-Football-Schmonzetten und Konsorten. Wo der typische Genrevertreter auf deftiges Schmalz und rasante Hochglanz Sportszenen setzt, da herrscht bei "Das Meer war ruhig" gepflegte Zurückhaltung. Kitano ist sichtlich nicht daran gelegen irgendetwas zu überhöhen. Viel mehr entpuppt er sich mal wieder als Meister der nüchternen Betrachtung, peppt die Beachszenen nicht mit perlenweißem Sand und himmelblauem Meer auf, sondern zeigt alles in blassen, leicht grauen Bildern. Kein Urlaubsparadies, sondern trister Alltag, in dem sich ein ganz normaler junger Mann versucht ein kleines Plätzchen Paradies zu erschaffen.
Offensichtlich gelangweilt vom täglichen Einerlei des monotonen Jobs findet er in dem weggeworfenen Surfbrett eine Art Verheißung für Freiheit und Abenteuer und packt kurzentschlossen die Gelegenheit beim Schopf. Das Kitano sich hier dabei für einen taub-stummen Charakter entschieden hat macht die Sache in der Sicht noch interessanter, das er (und natürlich auch seine Freundin) mit seinen eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten noch ein Stückchen weiter von seiner Umwelt isoliert ist. Auf der anderen Seite intensiviert er die Beziehung der beiden Hauptfiguren, denn wo keine Worte gesagt werden können müssen halt Blicke und Gesten umso mehr erzählen. Daraus resultieren dann auch ein paar der schönsten und romantischsten Szenen des Filmes, wie z. B. die Versöhnungsszene mit dem in die Luft geworfenen Schuh.
Zwischen diesen sehr ausdrucksstarken Szenen wird die Geduld des Zuschauers mitunter allerdings auf eine harte Probe gestellt. Immer wieder beobachten wir das junge Paar oder auch andere Surfer am Strand, ohne das eigentlich irgendetwas passiert.
Er versucht zu surfen, sie sitzt einfach nur am Ufer und schaut ihm recht teilnahmslos zu, und anderen Charaktere sitzen eben auch so rum und geben mal ein paar der wenigen Dialoge des Films von sich. Meistens herrscht aber schweigen und eine spärliche Soundkulisse die hauptsächlich aus dem Rauschen der Wellen besteht.
Das ist einerseits sicherlich ein für diesen Film nötiges Stilmittel mit dem Kitano immer eine gewisse bodenständige Atmosphäre erzeugt und natürlich die ausdruckstärkeren Szenen, die er dann auch mit einem sehr stimmigen Score untermalt (übrigens vom selben der nicht nur einige weitere Kitano-Perlen vertont hat, sondern auch fast alle Miyazaki Filme), noch mehr hervorhebt.
Andererseits wird der Film dadurch stellenweise doch etwas langatmig, denn er schafft es nicht über all diese ruhigen Passagen allein mit seinen Bildern zu überzeugen. Vergleicht man "Das Meer war ruhig" da z. B. mit Kitanos späterem Werk Dolls dann sieht man das er sich auf diesem Gebiet ein ganzes Stückchen entwickelt hat. 2002 konnten die allein die Bilder den Film über lange Sequenzen hinweg tragen, 1991 war Kitano da noch nicht ganz so weit.
Durchhalten lohnt sich aber trotzdem auf jeden Fall, denn mit dem (zumindest für mich) wirklich unerwartetem Ende hat Kitano seinem Film einen krönenden Abschluss spendiert der fast schon ein Schlag in die Magengrube ist. In dieser Konstellation erinnert mich der Film dann übrigens sehr an Bobi ni kubittake. Wer "Das Meer war ruhig" mag und auch vor Animes keine Berührungsängste hat sollte da unbedingt mal einen Blick riskieren.
So war "Das Meer war ruhig" mal wieder eine lohnende Kitano-Erfahrung für mich, auch wenn er nicht zu meinen Lieblingsfilmen dieses Regisseur gehört. Doch seine ruhige und gelassene Erzählweise und die melancholische Geschichte eines jungen Mannes der einen Sommer lang seinen Traum lebt haben einfach etwas absolut sympathisches und auch inspirierendes, selbst mit dramatischem Ende.
Doch acht Jahre später sollte Kitano ja noch einen weiteren wunderbaren Sommer folgen lassen.
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