Shuji Terayama macht endlich klar, woher eigentlich der Begriff "jemanden nageln" kommt. Oder zumindest fast. Oder auch nicht. Oder so.
Wenn Surrealist Terayama zur Kamera greift, dann kann man sich eh nur über eins sicher sein, das man sich über den Film der dabei herauskommt mit Sicherheit nicht sicher sein kann.
Die Vermutung das das immer wiederkehrende Symbol des Nagels in diesem Film für das männliche Geschlecht, die Libido, steht, lieht allerdings sehr nahe. Das Grundthema ist imho dann auch, wie sich eben diese auf die Welt auswirkt. Wie der Drang zur Fortpflanzung den Mann beherrscht und in viele, auch normale Alltagshandlungen, mit hineinwirkt.
Zur Vermittlung dieser Erkenntnisse bedient sich Terayama einer Flut an metaphorischen und sicherlich auch unterschiedlich deutbaren Szenen. Es beginnt mit einem Mann der einen Nagel in eine Straße schlägt und einem anderen, der vorbeikommt und als der Hammer auf den Nagel prallt, mit scheinbar großen schmerzen im Intimbereich auf der Straße zusammenbricht.
Es folgt ein Mann der Nägel in den Fußboden seines Hauses schlägt, während die Frau nackt neben ihm auf dem Bett liegt und bei jedem Hammerschlag vor Lust aufstöhnt.
Anderswo trägt derweil ein nackter Mann einen riesigen Nagel durch eine öde Steppe und schleppt sich sichtbar damit ab, (der Mann unter Last und Druck seiner eigenen Libido?) derweil ist eine Frau in einem Raum gefangen, mit einer Schachtel voll Nägel. Als sie zu fliehen versucht sind vor der einen Tür ebenfalls nur Nägel und durch die andere schiebt sich ein riesiger Nagel in den Raum und bedrängt sie. In die selbe symbolische Kerbe scheint auch eine weitere Szene zu schlagen, in der eine Frau mit einigen Kätzchen in einem Käfig gesperrt ist und mit einem Brecheisen Nägel aus dem Boden zieht und so scheinbar zu entkommen versucht.
Gezogen werden Nägel auch in einer weiteren Szene von einem uniformierten Soldaten. Vielleicht eine Metapher dafür, das in der Armee versucht wird den jungen Männern die Libido "auszutreiben" und ihre Energie dafür auf andere Sachen zu lenken (wie das töten?)?
In weiteren Szenen nagelt unter anderem ein Mann ein Buch fest, eine Frau liebkost, zum Stöhnen eines Mannes, einen riesigen Nagel und einige Frauen, der Kleidung nach wohl Prostituierte, nageln im Akkord.
Am Ende erreicht der nackte Mann, der die ganze Zeit mit dem riesigen Nagel durch verlassene Gegenden gewandert ist, endlich, zu versöhnlicher Musik, bevölkertes Gebiet. Vielleicht ein Zeichen dafür das noch Hoffnung auf Befreiung aus der Libido-Isolation besteht? Oder vielleicht die Erkenntnis das wir nur dank der Libido überhaupt so weit gekommen sind und soviel erreicht haben? Alle großen Taten der Menschheit nur als Resultat aus dem Werben um Fortpflanzungspartner(innen)?
Wie immer bei solchen Filmen, ist der Fantasie auch bei diesem kaum eine Grenze gesteckt. Jeder ist dazu eingeladen sich sein eigenes Bild zu machen und seine eigenen Schlüsse zu ziehen. "Der Prozess" jedenfalls, gehört zu den besseren Filmen Terayamas und behält sich in all seiner Symbolhaftigkeit, dank des durchgehenden Themas des Nagels, doch einen gewisse Klarheit und einen roten Faden, an dem man sich durch die 35 Minuten Lauflänge hangeln kann. Dennoch ist er sicherlich nur etwas für eine spezielle Filmklientel und wer sich mit experimentellen, unklaren Filmen bisher nicht anfreunden konnte, sollte nicht erwarten das es hier anders wird.
Für die die drauf stehen, aber auf jeden Fall zu empfehlen.
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