Wir schreiben das Jahr 2075 und die Menschheit hat das Weltall rund um ihren Planeten endgültig erobert.
Große Unternehmen betreiben Raumstationen im Orbit und selbst auf dem Mond gibt es große Ansiedlungen. Weltraumflüge sind inzwischen Normalität und organisiert wie die Luftfahrt auf der Erde auch. Doch mit dem technischen Fortschritt kamen auch neue Probleme auf.
Eines davon ist eines das man eigentlich schon länger kannte, aber nie so recht ernst nahm, die Weltraumverschmutzung.
Rund um die Erde schweben tausende ausgemusterte Satelliten, zurückgelassene Raketenteile und verschiedenste kleinere Trümmer und so kommt es schließlich zu einem verheerenden Unfall als eine kleine Schraube mit einer Passagierraumfähre kollidiert.
Nun sehen sich die Regierungen und auch die großen Firmen zum Handeln gezwungen und eine Art Weltraum-Müllabfuhr wird eingeführt, deren Aufgabe es ist nach und nach den Weltraumschrott rund um die Erde einzusammeln oder zumindest aus der Umlaufbahn in die Weiten des Alls hinaus zu schießen.
Technora ist eine der großen Firmen die eine eigene Abteilung zur All-Beräumung unterhalten, die allerdings intern im Konzern eher stiefmütterlich behandelt wird und ständig mit Image- und Budgetproblemen zu kämpfen hat.
Nichts desto trotz ist es genau die Abteilung in die die junge Ai Tanabe nun einsteigt, frisch aus der Ausbildung hat sie dabei keinen leichten Start. Zwar wird sie erst einmal überschwänglich von ihren Vorgesetzten empfangen, die sich über jedwede personelle Verstärkung freuen, aber in ihren Kollegen und besonders in dem mürrischen, jungen Hachimaki findet sie ein paar echt harte Knochen die wenig von der blutigen Anfängerin erwarten.
Während Ai also alle Hände voll damit zu tun hat sich in der rauen Müllbeseitigungsbranche ihre Sporen zu verdienen, geht auf der Erde das alte Spiel der politischen Intrigen, von Imperialismus und Ausbeutung und letztendlich Krieg und Terror weiter und die Folgen machen natürlich auch vorm neueroberten Weltraum und auch vor den Müllbeseitigern nicht halt.
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Gehörte die Science Fiction, und im Besonderen die im Weltraum spielende, zu einem der beliebtesten Genres der Anime, so fristet sie seit einiger Zeit ein doch eher bescheidenes Dasein im Schatten von Love-Comedy, Moe und ganz allgemein dem Slice of Life.
Entsprechend gering war der dementsprechende Output der diversen Produktionsstudios und neben einigen inzwischen schon bald unsterblichen Dauerbrennern (Gundam) war es vor allem die eher ungewöhnliche Geschichte der Kopfgeldjäger aus Cowboy Bebop die mich zu letzt mit ihren Weltraumabenteuern so wirklich richtig begeistern konnte und das ist ja nun auch schon wieder eine ganze Weile her.
Nun, sei es wie es sei, das Science Fiction auch im neuen Jahrtausend auch im Animeformat immer noch zu großen Würfen fähig ist wurde mir nun endlich durch die 2003er Serie Planetes bewiesen.
Lang hab ich gebraucht um mal darüber zu stolpern, das muss ich schamvoll gestehen, aber dass die Serie auch Jahre später noch so vollends überzeugen kann ist nur ein weiterer Beweis für ihre außergewöhnliche Qualität.
Wie auch bei "Cowboy Bebop" geht sie dabei durchaus unerwartete Wege. Das große, ja geradezu epische Drama wie es für die Glanzzeit der Anime-Sci-Fi bezeichnet war meidet sie und setzt stattdessen auf Charakterentwicklung und einen oft nüchternen Blick auf den Space-Alltag in nicht allzu ferner Zukunft. Statt gigantische Raumschiffe und opulente Laser-All-Schlachten gibt es realitätsnahes Raumfahrt-Design und wissenschaftlich fundierte Technikausblicke.
Im Zentrum stehen aber vor allem erst einmal die Figuren und wie von einer wenig geachteten Abteilung eines Großunternehmens nicht anders erwartet sind es kaum die klassischen Siegertypen und Überflieger, bzw. nicht die die genug Schleimer-, Intriganten- oder "mein reicher Daddy wird's schon richten"-Qualitäten mitbringen um trotzdem in den ganz oberen Positionen zu landen. (solchen Typen werden wir aber auch begegnen)
Es sind eher die Querköpfe, die Außenseiter und die hoffnungslosen Träumer. Es sind vor allem Leute mit einer Vergangenheit und die Serie nimmt sich auch den Raum uns etwas davon zu erzählen und so jeder Figur ihre ganz eigene tiefe zu geben und ihre Motivationen herauszuarbeiten.
In diesen Momenten hat "Planetes" eigentlich wenig Sci-Fi zu bieten. Der Weltraum scheint eher wie eine beliebig auswechselbare Kulisse, vieles könnte sich genauso gut in jedem beliebigen heutigen Großunternehmen abspielen. Das dies allerdings nicht etwa eine Schwäche, sondern eine der großen Stärken von "Planetes" ist liegt nicht nur an der damit einhergehenden Nachvollziehbarkeit und den Identifikationsmöglichkeiten, sondern auch daran das die Figuren und Geschichteeinfach so gut ist.
Mit der Zeit rücken dann auch andere Aspekte mehr in den Vordergrund. Besonders die politische Lage auf der Erde und die Geschehnisse rund um eine große geplante Weltraumexpedition und eine Terrorgruppe die genau diese für einen großen Anschlag benutzen will erfassen die Crew der Müllbeseitigung. Das ist meist auch sehr interessant und bietet etwas Raum für Action und Abwechslung von den Charakter-Drama Elementen, verblasst aber etwas neben den wahren Highlights der Serie, den kleinen stillen Momenten in denen die nicht so globalen, aber nichts desto trotzt genauso dramatischen Schattenseiten der schönen neuen Zukunft beleuchtet werden.
Da geht es dann um ganz persönliche Schicksale, um verdiente alte Weltraumrecken die nun mit den Spätfolgen ihres langen Aufenthalts im All und der damit einhergehenden Strahlenbelastung zu kämpfen haben. Da geht es um Kinder die auf dem Mond geboren wurden und plötzlich nicht mehr nur keine "Erdlinge" mehr sind, sondern die wohl nicht einmal, oder zumindest nicht so ohne weiteres, auf der Erde leben könnten.
In diesen Momenten kann "Planetes" dann (neben dem großartigen Charakter-Drama) seine größte Kraft und Wirkung entfalten und bietet Sci-Fi von der feinsten Sorte.
Das das alles dabei auch noch für eine TV-Serie in sehr guter Optik daherkommt, durchweg gute Zeichnungen und Animationen, wird da fast schon zur unwichtigen Randnotiz. Wenn alle Stricke reißen würden, könnte man sich Planetes wohl im Notfall auch als typische TV-Standbild-Parade ansehen und es wäre immer noch eine überdurchschnittlich gute Serie.
Also abschließend, ich kann "Planetes" nur jedem der Anime-Sci-Fi mag wärmstens empfehlen. Es gibt in diesem Genre wirklich nicht mehr viele gute Serien und diese hier ist eine der besten. Als nächstes muss ich wohl eine Gelegenheit finden mir die Mangavorlage zu Gemüte zu führen!
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